Mandan­ten­zeit­schrift 1/2015

„Es wird niemals so viel gelogen ...

... wie vor der Wahl, während des Krieges und nach der Jagd“. Das ist ein Spruch von Bismarck, der zu dessen Zeit richtig war und auch heute noch Gültigkeit hat.

Auch wir befinden uns immer im Wahlmodus, weil wir wollen, dass Mandanten uns wählen und nicht zu der Konkurrenz gehen. Zu sagen, wir befänden uns im Krieg, wäre etwas weit hergeholt, aber kämpfen müssen wir natürlich auch – um Mandanten, wenn möglich, um die besten Mandanten. Und wenn wir uns mit Kollegen unterhalten, ist es immer so ein bisschen wie nach der Jagd. Jeder Anwalt erzählt in der Regel von seinen Erfolgen.

Aber muss deshalb gelogen werden? Ich denke, dass wir es nicht nötig haben, uns dieser Unsitte anzuschließen. Ich erinnere mich daran, wie es war, als ich einem Mandanten zum ersten Mal sagen musste, dass ich daran Schuld bin, dass er seinen Prozess verloren hat. Ich erwartete, dass mich nun eine Schimpf­tirade trifft und der Mandant sich von mir abwendet. Er sagte aber nur, dass alle anderen Anwälte immer sagen, dass Gerichte, unfähige Richter oder sonst jemand schuld habe am verlorenen Prozess. Er wollte nur wissen, ob wir das noch korrigieren können. Wir konnten korrigieren.

Seit dieser Erfahrung habe ich keine Probleme mehr damit, Mandanten nicht zu belügen über Erfolgs­aus­sichten und Wege dahin. Selbst Mandanten, die ich wegschicke, weil keinerlei Erfolgs­aus­sichten bestehen, sind angetan, weil sie begreifen, dass es uns um Erfolg geht und nicht nur um Geld.

Ich ermutige deshalb dazu, bei der Wahrheit zu bleiben. Anstatt den Anwalt als abwesend zu verleugnen, kann man durchaus sagen: Er will nicht gestört werden, da er gerade mal nachdenken muss. Das versteht dann auch jeder. Und was wir verstehen, das bevorzugen wir. Wahrheit hilft uns also, erfolgreich zu sein.

Ihr
Hartmut Roth

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