Mandan­ten­zeit­schrift 1/2016

Wir leben in einer Zeit, in der alles ein bisschen lockerer geworden ist. Ich erinnere mich noch an die 50igerund 60iger Jahre, in der das Verhalten und die Kleidung so sein mussten, wie man sich verhielt, wie man sich anzog. Abweichungen undenkbar. Der Lehrer kam im Anzug, allenfalls in der Kombination mit weißem Hemd und Schlips in die Schule, Anwälte trugen dunkle Anzüge, ebenso wie Banker, Manager und Politiker. Der Arbeiter kam mit offenem Kragen. Als Junge musste man bei der Begrüßung einen „Diener“ machen, das heißt, sich verbeugen, als Mädchen musste man „knicksen“, was beides als Zeichen der Hochachtung und Wertschätzung des Begrüßten galt.
Äußere Formen waren viel beachtet. Im Verlaufe der Zeit änderte sich das. Formen wurden abgeschafft. Als der Kommunarde bei Gericht sitzen blieb, als das Gericht den Saal betrat, und der Richter den Kommunar­den­Teufel aufforderte aufzustehen, so lange bis das Gericht selbst Platz nahm, erwiderte dieser, „wenn´s der Wahrheits­findung dient“, was seitdem zum geflügelten Wort wurde und häufig verwendet wird. Formen werden nun hinterfragt.
Die Form um der Form willen ist vorbei. Ist es wirklich vorbei?

Ein Urteil des LG Augsburg (31 O 4554/14) lässt aufhorchen

  1. Der Rechtsanwalt ist gewohnheitsrechtlich verpflichtet, auch vor den Amtsgerichten in einer Robe aufzutreten
  2. Das Prozessgericht ist berechtigt, widrigenfalls die Verhandlung mit einem Rechtsanwalt ohne Robe abzulehnen, ohne seine Amtspflichten zu verletzen.

Das Gericht führt aus, gerade beim Amtsgericht sei es erforderlich, Rechts­anwälte durch die Robe als Organe der Rechts­pflege kenntlich zu machen, dies zeige, dass die konkrete Person hinter den Dienst an Gesetz und Recht zurücktritt. Das hört sich zumindest besser an als das, was der alte Fritz meinte, weshalb Anwälte Robe zu tragen haben: „Damit man die Spitzbuben schon von weitem erkennt“.

Gegen dieses Image kämpfen wir an – mit oder ohne Robe, mit oder ohne Schlips …

Ihr Hartmut Roth

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