Mandan­ten­zeit­schrift 1/2023

Krisen­zeiten

Im „Spiegel“ stand vor einiger Zeit ein außerge­wöhn­licher Text. Er stammt von Alexander Neubacher und heißt „Wir Corona­versager“. Der erste Satz lautet: „Inzwischen wissen wir, dass viele Pandemie­maß­nahmen unsinnig, überzogen, rechts­widrig waren“. Im Nachhinein sei es erschreckend, schrieb Alexander Neubacher, wie leicht sich in Deutschland viele Freiheits­rechte suspen­dieren ließen. Vielleicht sei Freiheit – und damit füge ich hinzu, Demokratie – für viele Deutsche ja nur ein Schönwet­ter­konzept. Zu wenige hätten zum Beispiel widersprochen, als die Schulen geschlossen wurden und diese falschen Maßnahmen immer wieder verlängert wurden, kein Bundes­ver­fas­sungs­gericht, keine Akademie der Wissen­schaften, kein Ethikrat. Keine Presse hat aufbegehrt, weil alte Menschen einsam sterben mussten. Keine Kirche hat sich gewehrt, als Gottes­dienste abgesagt wurden und jeder für sich allein zu Hause, ohne die Stärkung der Gemein­schaft, seine Lasten zu tragen hatte. Auch die Anwalt­schaft hat nicht aufbegehrt. Nur einzelne Anwälte. Denn wer sich wehrte, wurde diffamiert als „Querdenker“, obwohl quer-denken oft richtige Wege zeigt.

Seit Corona ist nichts besser geworden. Wir bemerken, wenn wir aufmerksam sind, einen weltweiten Wirtschaftskrieg. Wir sehen vor unseren Augen einen Krieg in Europa, der leicht zum Feuer für die Welt werden könnte. Das ruft in uns Ängste hervor. Angst lähmt. Es ist die Voraus­setzung dafür, dass wir einschneidende, entrechtende Maßnahmen dulden, wenn uns versprochen wird, dass damit alles besser gemacht werden kann. Dieser Wunsch lässt uns Einschrän­kungen ertragen. Aber Rechte sind in der Regel notwendige Freiheiten. Freiheiten sind die Voraus­setzung dafür, dass wir kreativ und produktiv sein können. Freiheiten garantieren ein gutes Miteinander in der Gesell­schaft und Ideenreichtum für die Wirtschaft und Lebensluft zur Lust am Leben. Freiheiten sind Rechte, die zu verteidigen die Aufgabe von Rechts­an­wälten ist. Am 28.2. 1933 wurde der Berliner Rechts­anwalt Hans Litten von den National­so­zia­listen verhaftet und inhaftiert, weil er sich entschieden für die Freiheit eingesetzt hat. Das ist nun 80 Jahre her. Wir Anwälte vergessen dies nicht, da unser Verband in Berlin, der Deutsche Anwalt­verein, in der LITTEN­STRASSE angesiedelt ist. Wir bleiben sensibel: für Sie.

Weder wir noch Sie sollten vergessen, dass Recht und Freiheit immer neu erkämpft werden müssen und keinesfalls Selbst­läufer sind. Recht und Freiheit durchzu­setzen ist die einzige und vornehmste Aufgabe des Rechts-Anwalts. Lassen Sie uns wachsam bleiben, aus den Fehlern der fernen und nahen Vergan­genheit lernen und die Zukunft angstfrei angehen.

Das wünsche ich mir und Ihnen

Ihr Hartmut Roth
Rechts­anwalt

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