Rechts-Blog

Verkehrsrecht

Fahrrad­fahrer überholen: Wie viel Abstand muss sein?

Fahrrad­fahrer halten sich nicht an Verkehrs­regeln. Autofahrer sind grundsätzlich aggressiv. An Vorur­teilen wie diesen mangelt es nicht zwischen Radlern und Motori­sierten. Besonders unfriedlich wird die Koexistenz auf den Straßen, wenn Rad- und Autofahrer sich beim Überholen begegnen. Die Radler fühlen sich von zu dicht vorbei­fah­renden PKW bedrängt – die Autofahrer schimpfen über Zweirad­fahrer, die mitten auf der Straße fahren und den Verkehr blockieren.

Innerorts sind 1,5 Meter Pflicht, außerorts zwei Meter

Ob sie an einem Radfahrer vorbei­ziehen oder geduldig hinter ihm herfahren, entscheiden viele Autofahrer nach Gefühl. Doch es gibt Vorschriften für den Überhol­vorgang. Mit der Novelle der Straßen­ver­kehrs­ordnung (StVO), die im April 2020 in Kraft getreten ist, hat der Gesetzgeber diese Vorschriften konkre­tisiert. § 5 StVO zufolge muss man sich beim Überholen so verhalten, dass eine Gefährdung nachfol­genden Verkehrs ausgeschlossen ist. Außerdem muss man genug Abstand zu den anderen Verkehrs­teil­nehmern einhalten.

Für Autofahrer bedeutet das: Beim Überholen mit Kraftfahr­zeugen von zu Fuß Gehenden, Rad Fahrenden und Elektro­kleinst­fahrzeug Führenden beträgt der ausrei­chende Seiten­abstand innerorts mindestens 1,5 m und außerorts mindestens 2 m.

Je nach Straßen- und Wetter­ver­hält­nissen, Geschwin­digkeit und Größe des eigenen Fahrzeugs können auch größere Abstände geboten sein. Das ist auch der Fall, wenn auf dem Fahrrad ein Kind trans­por­tiert wird – dann müssen Autofahrer nach einer Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts Naumburg mindestens 2 Meter Abstand halten (AZ 12 U 29/05).

Was tun, wenn Radler schleichen?

 

Grundsätzlich dürfen Autofahrer überholen, ohne die Spur zu wechseln – übrigens auch bei durch­zo­gener Mittel­linie. Bei einer durch­schnitt­lichen Fahrbahn­breite von 3 Metern innerorts ist es für Autofahrer aber häufig nicht möglich, Radfahrer mit ausrei­chend Abstand zu überholen, ohne auf die Gegenspur zu wechseln. Wenn diese durch dichten Gegen­verkehr versperrt ist, bleibt dem PKW-Fahrer nichts anderes übrig, als langsam hinter dem Radfahrer herzu­fahren.

Selbst wenn der Fahrrad­fahrer eindeutig zu weit mittig fährt oder zwei Radfahrer neben­ein­ander fahren und die Straße blockieren, dürfen Autofahrer den Mindestab­stand beim Überholen nicht unter­schreiten. Nur weil sich der eine Verkehrs­teil­nehmer falsch verhält, darf sich der andere nicht auch falsch verhalten.

Wie man sich rechtlich gegen rücksichtslose Fahrer wehren kann

Jede Behin­derung durch bummelnde Radler müssen sich Autofahrer aller­dings nicht bieten lassen. Wenn ein Fahrrad­fahrer durch seinen Fahrstil bewusst andere Verkehrs­teil­nehmer ausbremst, indem er beispiels­weise über eine längere Strecke mitten auf der Fahrbahn fährt, führt dies zu einem Verstoß gegen das Rechts­fahr­gebot und damit einer Ordnungs­wid­rigkeit. Im Extremfall kann dies sogar den Straf­tat­be­stand der Nötigung darstellen. Wer eine solche Tat anzeigt, sollte sie aller­dings auch nachweisen können, zum Beispiel durch die Aussage eines Mitfahrers oder eine Video­auf­nahme.

Beweise sind auch im umgekehrten Fall nötig: Wenn Radfahrer sich gegen rücksichtslose Autofahrer wehren möchten. Hier ist theoretisch eine Anzeige wegen Gefährdung des Straßen­verkehrs möglich – allerdings nur bei grob verkehrs­widrigem Überholen des Autofahrers. Wenn der Fahrrad­fahrer wegen eines zu dicht überho­lenden Fahrzeugs nachweislich stürzt und sich verletzt, kann er zudem Schaden­ersatz geltend machen.

Radsport­wettkampf: Schadens­ersatz nach Unfall beim Überholen

 

Bei Radsport-Wettkämpfen oder Trainings­fahrten fahren die Teilnehmer im Pulk. Es hängt vom Zufall ab, wer einen Unfall verursacht. Daher gibt es einen Haftungs­aus­schluss. Die Haftung ist aber dann nicht mehr ausgeschlossen, wenn sich die Teilneh­mer­gruppe bereits ausein­an­der­gezogen hatte und eine ruhige Phase der gemeinsamen Ausfahrt eingetreten war. Das Unfallopfer kann dann Schadens­ersatz beanspruchen, hat das Oberlan­des­ge­richts Frankfurt am 12. März 2020 (AZ: 1 U 31/19) entschieden

In dem Fall nahm der spätere Kläger mit dem Beklagten und 15 weiteren Teilnehmern an einer Fahrradtour teil. Der Kläger fuhr hier neben einem anderen Teilnehmer, der Beklagte versuchte links zu überholen. Durch eine Berührung stürzten mehrere Fahrer, der Kläger schleuderte gegen einen Baum und verletzte sich erheblich.

Da der Beklagte die erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen hatte, musste er Schadens­ersatz zahlen, so das Oberlan­des­gericht. Nach Auffassung des Gerichts hatte der Beklagte beim Überholen keinen ausrei­chenden Sicher­heits­abstand eingehalten. Selbst nach seinen eigenen Angaben habe der Abstand zum Lenker des anderen maximal 48 cm betragen.

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Mietrecht

Legionellen im Trinkwasser - Rechte des Mieters

Immer wieder kommt es vor, dass bei vorgeschriebenen Trinkwas­ser­prü­fungen eine erhöhte Konzen­tration von Legionellen im Wasser gefunden wird. Hierbei stellt sich dann die Frage, welche Rechte die Mieter in solchen Fällen haben.

Legionellen sind kleine Bakterien, welche sich im warmen Wasser entwickeln. Temperaturen zwischen 25°C bis 50°C bieten dabei eine optimale Bedingung für die Vermehrung dieser Bakterienart. Legionellen können zu Infektionen führen, wenn beispielsweise beim Duschen ein Wassernebel mit bakteri­en­haltigem Wasser eingeatmet wird. Das Trinken des legionel­len­haltigen Wassers ist hingegen nicht gesund­heits­ge­fährdend.

Lt. Trinkwas­ser­ver­ordnung ist der Vermieter und Hausei­gentümer verpflichtet, dass Trinkwasser in Mietwoh­nungen aller drei Jahre auf den Befall von Legionellen untersuchen zu lassen. Der Untersu­chungs­pflicht unterliegen sämtliche Anlagen in Gebäuden mit einer zentralen Warmwas­ser­ver­sor­gungs­anlage. Lediglich in Ein- oder Zwei-Famili­en­häusern gilt diese Pflicht nicht. Ferner sind Eigentümer von Gebäuden, welche keine zentrale Erwärmung oder zentralen Warmwas­ser­speicher haben, nicht verpflichtet, diese Untersu­chungen durchzu­führen.

Für diese Untersu­chungen müssen im Haus dann Wasser­proben entnommen werden. Dies kann auch dann in der jeweiligen Mietwohnung erfolgen. Oftmals sind insbesondere in den oberen Etagen die Räume betroffen. Für diese Untersuchung hat der Mieter eine Duldungs­pflicht und muss den Zutritt zur Wohnung gestatten.

Werden bei der Untersuchung weniger als 100 KbE (Kolonie bildende Einheiten) je 100 ml Wasser gefunden, dann ist dieser Wert in Ordnung. Der Vermieter muss dann die nächste Untersuchung nach dem Ablauf von drei Jahren durchführen. Ab einen Wert von 100 KbE je 100 ml Trinkwasser handelt es sich dann um eine so genannte mittlere Kontami­nation. In diesem Fall sind weitere Untersu­chungen erforderlich. Mittel­fristig muss eine Sanierung der Trinkwas­ser­in­stal­lation angestrebt werden. Ferner hat der Vermieter die Pflicht, das Gesund­heitsamt zu informieren. Eine hohe Kontami­nation liegt dann vor bei einem Wert von mehr als 1000 KbE je 100 ml Wasser. Hier muss dann die Trinkwas­ser­in­stal­lation sofort saniert werden. Ab einer Kontami­nation von 10.000 KbE je 100 ml Wasser wird vom Vermieter ein Duschverbot ausgesprochen. Hiernach sind weitrei­chende Maßnahmen erforderlich.

Der Vermieter ist verpflichtet, dem Mieter umgehend das Ergebnis der Legionellen-Untersuchung bekannt­zugeben. Ausreichend hierfür ist in der Regel ein Aushang im Treppenhaus. Sofern ein Legionellen-Befall festge­stellt wurde hat der Vermieter gegebe­nenfalls gesund­heits­ge­fährdende Umstände dem Mieter sofort mitzuteilen, damit auch der Mieter Schutz­maß­nahmen ergreifen kann. Insbesondere im Hinblick auf das Duschver­halten kann die Gefahr reduziert werden.

Dem Mieter steht das Recht zu, das Mietver­hältnis mit sofortiger Wirkung zu kündigen sowie Schaden­ersatz für Umzug und Makler­kosten zu verlangen soweit der Vermieter es versäumt hat, über einen schwer­wie­genden Legionellen-Befall zu informieren. Erkrankt der Mieter an einer Legionel­le­n­in­fektion, nachdem der Vermieter seiner Pflicht zur regelmäßigen Prüfung des Trinkwassers nicht nachge­kommen ist, stehen dem Mieter Schaden­ersatz und Schmer­zensgeld zu (BGH in WuM 2015,412). Ferner stehen dem Mieter Mietmin­de­rungs­rechte zu. So hat das Amtsgericht Dresden bereits im Jahr 2014 entschieden, dass der Mieter den Mietzins um 25% mindern darf bei einer deutlich überhöhten Legionel­len­kon­zen­tration. Dabei wies jedoch auch das Amtsgericht München im Jahr 2015 daraufhin, dass kurzfristige erhöhte Konzen­tra­tionen von Legionellen nicht zur Mietmin­derung führen können.

Die dem Vermieter entste­henden Kosten der regelmäßigen Legionellen-Überprüfung kann der Vermieter als Teil der Warmwas­ser­kosten auf den Mieter im Rahmen der Betriebs­kosten umlegen. Soweit eine Kontami­nation festge­stellt wird ist der Vermieter jedoch nicht berechtigt, erforderliche Sanierungs­kosten auf die Mieter umzulegen.

Wird ein erhöhter Legionellen-Bestand festge­stellt empfiehlt es sich grundsätzlich immer, einen Rechts­anwalt im Hinblick auf die Prüfung der jeweiligen Ansprüche zu kontak­tieren. Sehr gern stehen wir Ihnen hierzu zur Verfügung.

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Famili­enrecht

Neue Düssel­dorfer Tabelle 2024

Seit dem 01.01.2024 ist die neue Düssel­dorfer Tabelle in Kraft. Diese ist für den Unterhalts­bedarf eine anerkannte Richtlinie und sie gibt beispielsweise den Mindest­un­ter­halts­betrag für minder­jährige Kinder an. Die Düssel­dorfer Tabelle wird vom Oberlan­des­gericht Düsseldorf regelmäßig zusammen mit dem Deutschen Famili­en­ge­richtstag aktualisiert.

Dabei gab es auch 2024 eine Erhöhung des Mindest­un­ter­halts­be­trages als absolutes Existenz­minimum eines jeden Kindes. Gemäß der neuen Düssel­dorfer Tabelle 2024 liegt der monatliche Mindest­bedarf bei einem Nettoein­kommen bis 2.100,00 € für Kinder bis zum 5. Lebensjahr nunmehr bei 480,00 € und für Kinder zwischen dem 6. und 11. Lebensjahr bei 551,00 €. Ab dem 12. Lebensjahr beträgt der Mindest­un­terhalt 645,00 € und ab dem 18. Lebensjahr dann 689,00 €. Damit sind die Beträge erneut erheblich gestiegen. Die Beträge sind damit in diesem Jahr um mehr als 9 % gegenüber dem Jahr 2023 gestiegen und über 20 % im Vergleich mit dem Jahr 2022.

Geändert hat sich, dass die zweite Einkom­mens­gruppe nunmehr bei 2.100,00 € beginnt, anstatt bei 1.900,00 € gemäß der vorjährigen Düssel­dorfer Tabelle(n). Der Selbst­behalt wurde allerdings ebenfalls erhöht und auf 1.450,00 € festgelegt. Bei Erwerbs­lo­sigkeit bleiben 1.200,00 € monatlich als Selbst­behalt bestehen, wobei für Unterkunft, Nebenkosten und Heizung jeweils 520,00 € im Selbst­behalt enthalten sind.

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Arbeitsrecht

Dauer der wöchent­lichen Arbeitszeit ohne vertragliche Regelung

Gemäß Urteil des Bundes­ar­beits­ge­richts vom 18.10.2023, Az. 5 AZR 22/23, gilt grundsätzlich gemäß § 12 Abs. 1 S. 3 Teilzeit- und Befris­tungs­gesetz eine Arbeitszeit von 20 Stunden wöchentlich als vereinbart, soweit der Arbeitgeber und der Arbeit­nehmer eine Arbeit "auf Abruf" vereinbaren und die Dauer der darin enthaltenen wöchent­lichen Arbeitszeit nicht fest vereinbaren. Eine Abweichung kann, so dass Bundes­ar­beits­gericht, im Wege der ergänzenden Vertrags­aus­legung nur dann angenommen werden, wenn die gesetzliche Regelung nicht sachgerecht ist und objektive Anhalts­punkte dafür vorliegen, die Parteien hätten bei dem Vertrags­ab­schluss überein­stimmend eine andere Dauer der wöchent­lichen Arbeitszeit gewollt.

 

Die Arbeit­nehmerin war in dem entschiedenen Fall bei dem Arbeitgeber, einem Unternehmen der Druckin­dustrie, als so genannte „Abrufkraft Helferin Einlage“ beschäftigt. Der von ihr mit einer Rechts­vor­gängerin der Beklagten geschlossene Arbeits­vertrag enthielt keine Regelung zur Dauer der wöchent­lichen Arbeitszeit. Die Arbeit­nehmerin wurde - wie die übrigen auf Abruf beschäf­tigten Arbeit­nehmer - nach Bedarf in unterschied­lichem zeitlichen Umfang zur Arbeit herangezogen. Nachdem sich der Umfang des Abrufs ihrer Arbeits­leistung ab dem Jahr 2020 im Vergleich zu den unmittelbar vorange­gangenen Jahren verringerte, hatte die Arbeit­nehmerin sich darauf berufen, ihre Arbeits­leistung sei in den Jahren 2017 - 2019 nach ihrer Berechnung von der Arbeit­geberin in einem zeitlichen Umfang von durchschnittlich 103,2 Stunden monatlich abgerufen worden. Sie meinte, eine ergänzende Vertrags­aus­legung ergebe, dass dies die nunmehr geschuldete und von der Arbeit­geberin zu vergütende Arbeitszeit sei. Soweit der Abruf ihrer Arbeits­leistung in den Jahren 2020 und 2021 diesen Umfang nicht erreiche, verlangte sie Vergütung wegen Annahme­verzugs von der Arbeit­geberin.

 

Das Arbeits­gericht hatte, ausgehend von der gesetz­lichen Regelung des § 12 Abs. 1 S. 3 TzBfG angenommen, die Dauer der wöchent­lichen Arbeitszeit im Abrufar­beits­ver­hältnis der Parteien betrage 20 Stunden. Es hat deshalb der Klage auf Zahlung von Annahme­ver­zugs­ver­gütung nur in geringem Umfang insoweit stattgegeben, als in einzelnen Wochen der Abruf der Arbeits­leistung der Klägerin 20 Stunden unterschritten hatte. Das Landes­ar­beits­gericht hat die Berufung der Klägerin zurück­ge­wiesen. Die Revision der Klägerin, mit der sie an ihren weiter­ge­henden Anträgen festge­halten hatte, blieb vor dem 5. Senat des Bundes­ar­beits­ge­richts erfolglos.

 

Vereinbaren Arbeitgeber und Arbeit­nehmer, dass der Arbeit­nehmer seine Arbeits­leistung entsprechend dem Arbeits­anfall zu erbringen hat (Arbeit auf Abruf), müssen Sie nach § 12 Absatz 1 S. 2 Teilzeit - und Befris­tungs­gesetz arbeits­ver­traglich eine bestimmte Dauer der wöchent­lichen Arbeitszeit festlegen. Unterlassen sie das, schließt § 12 Absatz 1 S. 3 TzBfG diese Regelungslücke, in dem kraft Gesetzes einer Arbeitszeit von 20 Wochen­stunden als vereinbart gilt. Eine davon abweichende Dauer der wöchent­lichen Arbeitszeit kann im Wege der ergänzenden Vertrags­aus­legung nur dann vorgenommen werden, wenn die Fiktion des § 12 Abs. 1 S. 3 TzBfG im betref­fenden Arbeits­ver­hältnis keine sachge­rechte Regelung ist und objektive Anhalts­punkte dafür vorliegen, Arbeitgeber und Arbeit­nehmer hätten bei Vertrags­schluss bei Kenntnis der Regelungslücke eine andere Bestimmung getroffen und eine höhere oder niedrigere Dauer der wöchent­lichen Arbeitszeit vereinbart. Für eine solche Annahme hat die Arbeit­nehmerin jedoch gar keine Anhalts­punkte vortragen können.

 

Wird die anfängliche arbeits­ver­tragliche Lücke zur Dauer der wöchent­lichen Arbeitszeit bei Beginn des Arbeits­ver­hält­nisses durch die gesetzliche Fiktion des § 12 Absatz 1 S. 3 TzBfG geschlossen, können die Parteien in der Folgezeit ausdrücklich oder konkludent eine andere Dauer der wöchent­lichen Arbeitszeit vereinbaren. Dafür reicht aber das Abrufver­halten des Arbeit­gebers in einem bestimmten, lange nach Beginn des Arbeits­ver­hält­nisses liegenden und scheinbar willkürlich gegriffenen Zeitraum nicht aus. Allein dem Abrufver­halten des Arbeit­gebers kommt ein rechts­ge­schäft­licher Erklärungswert dahingehend, er wolle sich für die Zukunft an eine abweichende höhere Dauer der wöchent­lichen Arbeitszeit binden, nicht zu. Ebenso wenig rechtfertigt alleine die Bereit­schaft des Arbeit­nehmers, in einem bestimmten Zeitraum mehr als die nach § 12 Absatz 1 S. 3 TzBfG geschuldeten Zeit zu arbeiten, die Annahme, der Arbeit­nehmer wolle sich dauerhaft in einem höheren zeitlichen Umfang als gesetzlich vorgesehen binden

(Quelle: Presse­mit­teilung des BAG Nr. 42/23 vom 18.10.2023)

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Mietrecht

Bestimmung der ortsüb­lichen Vergleichsmiete - Sachver­stän­di­gen­gut­achten oder Mietspiegel?

Durch Beschluss vom 24.01.2023 hat der Bundes­ge­richtshof (BGH) klar zu verstehen gegeben, dass ein Gericht durch Einholung eines Sachver­stän­di­gen­gut­achtens als Erkennt­nis­quelle die ortsübliche Vergleichsmiete zulässig bestimmen kann, solange das Gutachten sich auf einen Mietspiegel stützt. (BGH-Beschluss vom 24.01.2023 - VIII ZR 223/21). Der Bundes­ge­richtshof hat in dieser Entscheidung damit aber auch klarge­stellt, dass die Ermittlung der Vergleichsmiete von Wohnungen immer letztlich auf dem Mietspiegel beruhen soll. Es gibt kein Nebeneinander von einem Sachver­stän­di­gen­gut­achten und einem Mietspiegel.

 

In dem entschiedenen Fall begehrte der Vermieter die Zustimmung des Mieters zu einer Mieterhöhung. Nachdem der Mieter seine Zustimmung verweigerte, klagte der Vermieter. Das Amtsgericht hatte dann seine Entscheidung auf ein schriftlich eingeholtes Gutachten eines Sachver­ständigen zur Miethöhe gestützt. In diesem Gutachten war der Mietspiegel der betroffenen Gemeinde zugrunde gelegt worden und wurde vom Sachver­ständigen zur Plausi­bi­li­sierung der ermittelten Miete hinzugezogen.

 

Der Vermieter wehrte sich gegen die Entscheidung, welche die ortsübliche Vergleichsmiete nicht im Sinne des Vermieters wiedergab. Hiergegen wehrte sich der Vermieter dann vor dem Berufungs­gericht und später vor dem BGH. Der BGH wies die Revision ab. Die ortsübliche Vergleichsmiete dürfe auf der Grundlage von Erkennt­nis­quellen bestimmt werden, die die tatsäch­lichen und üblicherweise gezahlten Mieten für vergleichbaren Wohnraum in einer für die freie Überzeu­gungs­bildung des Gerichts hinrei­chende Art und Weise berück­sichtigt. Dabei - so der BGH - begegne es keinen rechtlichen Bedenken, wenn das Amtsgericht die Überzeu­gungs­bildung bezüglich der Vergleichs­mieten nicht unmittelbar auf den Mietspiegel stütze, sondern auf ein Sachver­stän­di­gen­gut­achten, welches wiederum seinerseits sich auf den Mietspiegel bezog. In diesem Fall lag der Überzeu­gungs­bildung des Amtsge­richts nicht nur das Sachver­stän­di­gen­gut­achten zugrunde, sondern mittelbar der Mietspiegel der betroffenen Gemeinde. Dabei ist jedoch das Sachver­stän­di­gen­gut­achten keine über den Mietspiegel hinaus­gehende zusätzliche Erkennt­nis­quelle, sondern lediglich die Überzeu­gungs­bildung auf dem im Sachver­stän­di­gen­gut­achten herange­zogenen Mietspiegel.

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Verkehrsrecht

Kein Schaden­ersatz bei vorgetäuschtem Verkehrs­unfall

Das Landgericht Zwickau hat in einem durch unsere Kanzlei Roth | partner selbst erstrittenen Urteil vom 29.08.2023, Az. 1 O 391/21, eine Schaden­er­satzklage abgewiesen, welche der Kläger gegen einen Verkehrs­teil­nehmer erhoben hatte, weil dieser ihm angeblich über seinen rechten Fuß auf einer Erschlie­ßungs­straße gefahren sei. In dem selbst erstrittenen Urteil wies das Landgericht Zwickau in einer ungewöhnlich klaren Art und Weise darauf hin, dass der vermeintlich Geschädigte selbst ein Unfall­ge­schehen fingiert hatte um unberechtigte  Schadens­er­satz­an­sprüche geltend machen zu können.

 

Der Kläger hatte vorgetragen, dass er am 30.10.2018 sich auf einem Klinik­gelände aufgehalten habe, wobei es zu einem Verkehrs­unfall gekommen sei. Der beklagte Fahrzeug­halter habe auf dem Gelände der Klinik eine Erschlie­ßungs­straße mit dort befind­lichen Parkplätzen befahren. Dabei soll sich der beklagte Fahrzeug­halter dem Kläger genähert haben, welcher am rechten Rand der Erschlie­ßungs­straße gelaufen sei. Als der Fahrzeug­führer einen vor ihm kommenden Kleintraktor passierte, soll dann der Kläger, als sich der von dem Fahrzeug­führer geführte Pkw in dessen Höhe befand, gestürzt sein und vom Rad des PKW soll der rechte Fuß überfahren worden sein.

 

Das Landgericht Zwickau wies die Klage ab und wies darauf hin, dass ein Schadens­er­satz­an­spruch gemäß § 823 Abs. 1 BGB und aus §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG jeweils in Verbindung mit § 249 BGB sowie 253 Abs. 2 BGB nicht bestehe.

 

Eine Beweis­aufnahme war durchgeführt worden. Dabei hatte der Darlegungs- und Beweis­be­lastete Kläger die im Kernbereich des Gesche­hens­verlaufs gemachten Angaben in widersprüch­licher Weise immer wieder anders dargestellt. Dabei sei nach einer Unfall­version der Kläger auf der rechten Seite der Erschlie­ßungs­straße gegangen wobei ihm auf der gegenüber­lie­genden Seite der Straße ein Kleintraktor entgegenkam. Hiernach habe er beabsichtigt, zur linken Seite der Erschlie­ßungs­straße zu wechseln. Dabei habe er sich leicht mit seinem Körper zur linken Fahrbahnseite gewandt und unmittelbar hiernach noch bevor der Kläger diesen Weg weiter­ver­folgen konnte, habe er von hinten einen Anstoß verspürt der ursächlich für seinen Sturz gewesen sei. Danach habe er einen Schmerz im rechten Fuß verspürt, weil der PKW über seinen Fuß gefahren sei. Später dann gab der Kläger an, dass er nach dem Entschluss, die Straße nach links zu überqueren, zuerst nach hinten geschaut habe und dabei den sich nähernden PKW gesehen habe wobei der PKW seiner Einschätzung nach in einer ungefähr­lichen Entfernung gewesen sei. Hiernach habe er sich dann über die Straße begeben wobei er den Stoß verspürt habe und er dann und rücklinks zu Boden gefallen sei. Erst hiernach soll dann das rechte Vorderrad des PKW über seinen Fuß gefahren sein. Diese Version wurde dann wiederum geändert und der Zeuge gab an, dass er sich über den rückwärtigen Verkehr vergewissert hatte und auf Vorhalt, dass seine Schilderung von vorange­gangenen Schilde­rungen abweichen, erklärte der Kläger dies mit Erinne­rungs­lücken.

 

Das Landgericht hat in deutlicher Art und Weise heraus­ge­ar­beitet, dass keiner der geschil­derten Unfall­hergänge tatsächlich so stattge­funden haben könne. Die im Kernbereich des Gesche­hens­ablaufs ohnehin widersprüch­lichen Angaben des Klägers wurden durch das unfall­ana­ly­tische Gutachten widerlegt. Der Kläger beharrte jedoch in seiner Anhörung an den einander widerspre­chenden Angaben zum Gesche­hens­ablauf. Das Landgericht wies darauf hin, dass der Kläger offensichtlich nicht zurück­schrecke, durch ein von ihm herbei­ge­führtes Unfall­er­eignis einen haftungs­re­le­vanten Sachverhalt zu fingieren um bereits bei bestehender Vorver­letzung unberechtigte Schadens­er­satz­for­de­rungen gegenüber Dritten zu generieren.

 

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Mietrecht

Das Besich­ti­gungsrecht der Mietwohnung durch den Vermieters

In einer aktuellen Entscheidung des Bundes­ge­richtshofs hat sich dieser zu grundle­genden Fragen eines Besich­ti­gungs­rechts geäußert, welches der Vermieter im laufenden Mietver­trags­ver­hältnis geltend machen kann. In dem entschiedenen Fall stand ausdrücklich im Mietvertrag der Parteien vereinbart, dass dem Vermieter oder seinen Beauftragten aus besonderem Anlass die Besich­tigung der Mieträume zu verkehrs­üb­licher Tageszeit nach vorheriger rechtzeitiger Ankündigung an Werktagen (auch am Samstag) freistehe.

 

Der Vermieter verlangte Zutritt zur Wohnung, welchen der Mieter verwehrte. Der Vermieter verklagte sodann den Mieter auf Gewährung des Zutrittes.

Der Bundes­ge­richtshof urteilte in seiner Entscheidung, dass grundsätzlich eine vertragliche Nebenpflicht des Mieters besteht, dem Vermieter nach entspre­chender Vorankün­digung den Zutritt zur Wohnung zu gewähren. Hierfür sei jedoch ein sachlicher konkreter Grund erforderlich. Derartige Gründe können in der Besich­tigung der Mietwohnung anlässlich eines beabsich­tigten Verkaufs der Wohnung liegen. Die räumliche Sphäre der Wohnung steht unter dem Schutz des Artikel 13 Abs. 1 Grundgesetz und das alleinige Gebrauchsrecht ist während der Mietdauer dem Mieter zugewiesen.

Allerdings besteht eine vertragliche Nebenpflicht, welche aus § 242 BGB hergeleitet wird, dem Vermieter der Wohnung den Zutritt zu gewähren im Falle eines berech­tigten Interesses. Eine solche Pflicht kann sich insoweit dann grundsätzlich auch aus dem Mietvertrag selbst ergeben und eine derartige Klausel des Vermieters ist insoweit wirksam, so der BGH. Das Recht des Mieters, in den Mieträumen "in Ruhe gelassen" zu werden ist gegen das Interesse des Vermieters abzuwägen. Da eine Besich­tigung in der Regel nur Minuten dauert und weniger einschneidend wäre als eine Räumung, muss bei der Besich­tigung grundsätzlich weit weniger einschneidende Vorgehens­weisen intensiv geprüft werden und an den Grund des Vermieters sind keine übertriebenen Anforde­rungen zu stellen, BGH, Urteil vom 26.04.2023, VIII ZR 420/21.

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Famili­enrecht

Übertragung der elterlichen Sorge bei unbekannten Aufenthalts des Vaters

Durch einen seitens unserer Kanzlei selbst erstrittenen Beschluss des Amtsge­richts Bautzen, Az. 12 F 161/23, wurde die elterliche Sorge für zwei minder­jährige Kinder allein auf die antrag­stellende Kindes­mutter übertragen.

Hintergrund war, dass der Kindesvater nach der Trennung der Beteiligten im Jahr 2021 aus dem vormals gemeinsamen Hausgrundstück ausgezogen war. Er hielt sich dann zeitweise zum Teil im Ausland bei seiner Mutter auf. Umgangs­kontakte mit den Kindern fanden immer weniger statt. Zuletzt fand dann noch ein Umgangs­kontakt in einem Cafe statt. Zu diesem erschien der Kindesvater im betrunkenen Zustand. Schließlich verzog der Kindesvater unbekannt und war für die Kindes­mutter sowie auch Ämter und Behörden nicht mehr auffindbar.

Gemäß der Entscheidung des Amtsgericht Bautzen ist in derartigen Fällen die Übertragung der elterlichen Sorge allein auf den betreuenden Elternteil zwingend erforderlich. Mitwir­kungs­mög­lich­keiten im Rahmen der elterlichen Sorge sind bei unbekanntem Aufenthalt des Vaters nicht mehr vorhanden. Der betreuende Elternteil muss in die Lage versetzt werden, allein Anmeldungen zur Schule, Kontener­öff­nungen etc. vornehmen zu können. Insoweit ist die gemeinsame elterliche Sorge aufzuheben und auf den betreuenden Elternteil allein zu übertragen.

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Arbeitsrecht

Entschä­di­gungs­an­spruch nach § 15 Abs. 2 AGG eines erfolglosen Bewerbers aufgrund Benach­tei­ligung wegen Schwer­be­hin­derung

Das Bundes­ar­beits­gericht hatte in einem aktuellen Fall, Az. 8 AZR 438/21, über Entschä­di­gungs­an­sprüche eines Bewerbers zu entscheiden, welcher sich auf die Stelle eines Verwal­tungs­fach­an­ge­stellten für ein Bauamt beworben hatte. Zuvor hatte das Arbeits­gericht die Klage des Bewerbers insgesamt abgewiesen. Das Landes­ar­beits­gericht hatte die Berufung des Bewerbers zurück­ge­wiesen. In der Revision verfolgte der Bewerber seinen Entschä­di­gungs­an­spruch weiter. Das Bundes­ar­beits­gericht hat die Ansprüche des Arbeit­nehmers dann endgültig zurück­ge­wiesen.

 

Dem Rechts­streit voraus­ge­gangen waren Streitig­keiten zwischen den Parteien aufgrund einer vormaligen Beschäf­tigung des Bewerbers bei demselben Arbeitgeber, bei dem er sich später wieder bewarb. Das Arbeits­ver­hältnis war durch Kündigung des Arbeit­gebers beendet worden. Nunmehr bewarb sich der Bewerber erneut auf die gleiche Stelle.

 

Als er abgelehnt wurde, klagte er auf Entschä­digung wegen Benach­tei­ligung aufgrund seiner Schwer­be­hin­derung. Gemäß dem Urteil des Bundes­ar­beits­ge­richtes kam es nicht darauf an, ob der Arbeitgeber gegen Vorschriften verstoßen hatte, welche die Verfahrens- und/oder Förder­pflichten zu Gunsten schwer­be­hin­derter Menschen enthält, insbesondere ob ein Verstoß gegen die Verpflichtung aus § 165 S. 3 SGB IX vorlag.

 

Denn das Entschä­di­gungs­ver­langen eines erfolglosen Bewerbers gemäß § 15 Abs. 2 AGG kann dem durchgrei­fenden Rechts­miss­brauchs­einwand gemäß § 242 BGB ausgesetzt sein. Rechts­miss­brauch ist dann anzunehmen, wenn diese Person sich nicht beworben hat, um die ausgeschriebene Stelle zu erhalten, sondern es ihr darum ging, nur den formalen Status eines Bewerbers im Sinne von § 6 Absatz 1 S. 2 AGG zu erlangen mit dem ausschließ­lichen Ziel, Ansprüche auf Entschä­digung oder Schaden­ersatz geltend zu machen.

 

Gemäß § 142 BGB sind durch unredlichen Verhalten begründete oder erworbene Rechte oder Rechts­stel­lungen grundsätzlich nicht schutz­würdig. Der Arbeitgeber hatte sich in dem Prozess zur Begründung des Rechts­miss­brauchs­einwand auf ein Vorbringen des Arbeit­nehmers in einem vorange­gangenen arbeits­ge­richt­lichen Verfahren gestützt. In einem solchen Schriftsatz, den der Bewerber selbst verfasst hatte, hatte er als vormaliger Arbeit­nehmer der Beklagten vorgetragen, dass er bei dem Arbeitgeber insbesondere durch Verhalten eines Personal­ver­ant­wort­lichen in mehrfacher Hinsicht diskri­miniert worden sei. In diesem Zusammenhang hatte der Arbeit­nehmer auf Besonder­heiten betreffend des Personal­ver­ant­wort­lichen hingewiesen und hatte ausgeführt, dass er von schweren Straftaten des Personal­ver­ant­wort­lichen Kenntnis erlangt habe und daher „Angst um Leib und Leben“ haben musste.

 

Das Bundes­ar­beits­gericht wies darauf hin, dass in einem solchen Verhältnis zwischen Bewerber und Arbeitgeber nicht ernsthaft davon ausgegangen sein kann, dass dem Bewerber tatsächlich daran gelegen war, in das von ihm offensichtlich als äußerst belastend empfundene Arbeits­umfeld bei dem Arbeitgeber, deren Personal­ver­ant­wort­licher unverändert die Person war, vor der der Bewerber Angst hatte, zurück­kehren zu wollen. Insoweit sei davon auszugehen, dass es dem Bewerber lediglich darauf ankam, einen Entschä­di­gungs­an­spruch geltend zu machen. Insoweit stand der Einwand des Rechts­miss­brauchs dem Entschä­di­gungs­an­spruch des Bewerbers entgegen.

 

Quelle: Bundes­ar­beits­gericht.de/Entscheidung/8-AZR-438-21

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Mietrecht

Anspruch des Mieters auf eine Instal­lation einer Wallbox in einer Garage

Das Landgericht München hatte in einem Urteil vom 25.05.2022 (Az. 14 S 16374/21) über einen Streit zwischen Mieter und Vermieter zu befinden, in welchem der Mieter vom Vermieter die Erlaubnis zur Instal­lation einer so genannten Wallbox für das Laden seines Elektro­fahr­zeuges in einer Garage geltend gemacht hatte. Das Landgericht gab in der Entscheidung dem Mieter recht.

 

Die Parteien waren durch ein Mietver­hältnis über ein Reihenhaus miteinander verbunden. Vom Vermieter wurde eine Einzel­garage an den Mieter mitver­mietet. Die Parteien stritten dann über die Erlaub­nis­er­teilung zur Instal­lation der Wallbox in dieser Garage. Der Mieter wollte dort sein Elektro­fahrzeug täglich laden. Der Vermieter war vom Amtsgericht zunächst verurteilt worden, die Erlaubnis zur Instal­lation der Wallbox in der Garage für das Laden eines Elektro­fahr­zeuges zu erteilen. Gegen diese Entscheidung ging der Vermieter in Berufung. Vermie­terseits wurde dargetan, dass dem Mieter kein Anspruch auf Instal­lation einer Wallbox zustehe, da es sich um bauliche Verände­rungen handele, die unter Würdigung der Interessen von Mieter und Vermieter dem Vermieter nicht zugemutet werden können. Auch ihr Konser­vie­rungs­in­teresse überwiege, nachdem durch die Instal­lation auch ein gefahr­trächtiger Zustand geschaffen werde. Ferner waren sie der Ansicht, dass auch eine baurechts­widrige Situation geschaffen würde.

 

Das Landgericht wies die Berufung zurück und bestätigte das Urteil des Amtsge­richts München. Dem Mieter steht der geltend gemachte Anspruch auf Abgabe der Erlaubnis zur Instal­lation einer Wallbox zu. Ein Anspruch bestehe gemäß § 554 Absatz 1 Satz 1 BGB und wäre auch nicht aus sonstigen Gründen ausgeschlossen. Die im Zusammenhang mit der Instal­lation stehende bauliche Veränderung sei für Vermieter grundsätzlich zumutbar. Im Rahmen einer Interes­sen­ab­wägung sei zu Gunsten des Mieters zu berück­sichtigen, dass der Mieter nach Instal­lation der Wallbox nicht mehr auf Nutzung öffent­licher Ladesta­tionen angewiesen wäre. Und im Hinblick auf das grundsätzliche Konser­vie­rungs­in­teresse des Vermieters sei zu berück­sichtigen, dass die bauliche Veränderung einerseits denkbar gering ausfällt. Andererseits handle sich auch lediglich um die Befestigung an der Garagenwand und die Verbindung mit dem vorhandenen Starkstrom­an­schluss. Dieser bauliche Eingriff ist von geringer Intensität, so dass auch die Rückbau­kosten als niedrig zu betrachten wären. Der Mieter habe zudem gemäß § 554 Absatz 1 Satz 3 BGB mehrfach angeboten, eine Sicherheit zu leisten im Hinblick auf die Rückbau­kosten, was ebenfalls zu Gunsten des Mieters Berück­sich­tigung finden kann.

 

Gemäß den Ausfüh­rungen des Landge­richts komme es auch nicht zu einer konkreten Gefährdung der Mietsache. Insbesondere sei zu einer erhöhten Brandgefahr nichts vorgetragen. Pauschale Befürch­tungen und ein Verweis auf latent hohe Brandgefahr bei Elektro­fahr­zeugen sei nicht ausreichend.

 

Die Nutzung der Garage zum Einstellen eines Elektro­fahr­zeuges sei insoweit dem Mieter unzwei­felhaft erlaubt und stelle einen vertrags­gemäßen Gebrauch der Mietsache dar. Eine Unzumut­barkeit der Erlaub­nis­er­teilung rechtfertige auch nicht die moralischen Vorbehalte von Vermietern gegenüber der Nutzung von Elektro­fahr­zeugen. Diese können im Rahmen der vom Gericht vorzuneh­menden Interes­sen­ab­wägung keine Berück­sich­tigung finden.

 

Insoweit sollte jeder Vermieter im Einzelfall prüfen, ob er gegen das Ansinnen des Mieters eine Wallbox in der Garage zu instal­lieren, vorgehen möchte. Dabei bleibt abzuwarten, ob sich diese Rechtsprechung auch auf größere Garagen von Mietshäusern durchsetzen wird.

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Verkehrsrecht

Unzulässige Geschwin­dig­keits­messung bei Nachfahren mit einem ungeeichten Tacho

Das Amtsgericht Dortmund hatte in einer Entscheidung vom 22.11.2022, (Az. 729 OWI-265 Js 1807/22-117/22) entschieden, dass ein betroffener Autofahrer freige­sprochen werden muss, welcher mit einer überhöhten Geschwin­digkeit gemessen wurde.

 

Der Autofahrer war auf der Autobahn mit seinem Fahrzeug unterwegs und geriet in eine Geschwin­dig­keits­messung. Er erhielt einen Bußgeld­be­scheid, welcher eine Überschreitung von 36 km/h auswies. Der Autofahrer war durch zwei Polizei­beamte, welche unter Verwendung eines nicht geeichten Tachos hinter ihm hergefahren war, gemessen worden.

 

Der Fahrer legte Einspruch gegen den Bußgeld­be­scheid ein. Das Amtsgericht Dortmund stellte dann klar, dass die Geschwin­dig­keits­messung nicht nachvollzogen werden kann. Einerseits sei gar nicht erkennbar, wie eine zuverlässige Messstrecke von 1.000 m und andererseits der gleich­bleibende Abstand des Fahrzeugs sowie eine durchgehende Tachome­ter­be­ob­achtung durch zwei Zeugen sicher­ge­stellt hätte werden können.

 

Es wäre eine ununter­brochene Beobachtung des Fahrzeugs des Betroffenen erforderlich sowie eine durchgehende Kontrolle des gleich­blei­benden Abstandes des Polizei­fahr­zeuges und darüber hinaus eine gleich­zeitige Feststellung der Messstrecke, was keinem mensch­lichen Ermessen möglich wäre.

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Mietrecht

BGH: Rauchmeld­er­war­tungs­kosten sind umlegbaren Betriebs­kosten

In einer Entscheidung des Bundes­ge­richtshofes vom 05.10.2022, Az. VIII ZR 117/21, wurde nunmehr klarge­stellt, dass Wartungs­kosten einer Brandmel­de­anlage grundsätzlich als sonstige Betriebs­kosten umlagefähig sind. Allerdings wurde offenge­lassen, ob eine Umlage der Wartungs­kosten auch als „neu entstehende Betriebs­kosten“ möglich ist, wenn eine ausdrückliche Umlage­ver­ein­barung zwischen Vermieter und Mieter nicht getroffen wurde.

 

Hintergrund der Entscheidung ist, dass die klagenden Mieter eine Umlage­ver­ein­barung mit dem Vermieter geschlossen hatten, wonach „Brandschutz- und Brandmel­de­anlagen“ als sonstige Betriebs­kosten umlagefähig sein sollen. Die Mieter hatten nach Übermittlung einer Betriebs­kos­ten­ab­rechnung auf Rückzahlung geklagt im Hinblick auf vom Vermieter abgerechnete Kosten der Wartung der sich in der Wohnung befind­lichen Rauchmelder.

 

Der Bundes­ge­richtshof führte zur Begründung aus, dass der Subsumtion dieser Wartungs­kosten unter die zwischen den Parteien als umlagefähig vereinbarte Positionen „Brandschutz- und Brandmel­de­anlagen“ nichts entgegenstehe. Dass der Vermieter mit der Wartung der Rauchwarn­melder zugleich eigenen Verkehrs­si­che­rungs­pflichten genüge, stehe einer Umlage gleichfalls nicht entgegen.

Der BGH ist der Auffassung, dass die Erfüllung von Verkehrs­si­che­rungs­pflichten als rein haftungs­recht­licher Gesichtspunkt kein maßgebendes Kriterium zur Abgrenzung zwischen Instand­haltungs- und Betriebs­kosten ist.

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Famili­enrecht

Neues Ehegat­ten­not­ver­tre­tungsrecht in Gesund­heits­an­ge­le­gen­heiten

Mit Wirkung zum 01.01.2023 wurde in § 1358 BGB n.F. ein zeitlich begrenztes Recht der Ehegatten auf Vertretung des jeweils anderen Ehegatten in Angele­gen­heiten der Gesund­heitssorge eingeführt (BGB L. I. 2021, 882, 883 - Gesetz zur Reform des Vormund­schafts- und Betreu­ungs­rechts).

Durch diese Neuregelung soll für den Zeitraum im Anschluss an eine erste Akutver­sorgung nach einem Unfall oder einer schweren Erkrankung eine gesetzliche Vertretung bestehen, bis der Patient selbst wieder in der Lage ist, seine Angele­gen­heiten zu regeln. Häufig ist das nach wenigen Tagen oder Wochen bereits der Fall, weshalb die neue gesetzliche Regelung die Anordnung einer vorläufigen Betreuung nach § 300 FamFG in einer die Familie ohnehin äußerst belastenden Situation vermieden wird.

Zwar ließe sich eine solche Betreu­er­be­stellung auch durch eine der Betreuung gegenüber vorrangige Vorsor­ge­vollmacht für den jeweiligen Ehegatten vermeiden. Allerdings wird nach wie vor von dieser Möglichkeit der Errichtung einer Vorsor­ge­vollmacht viel zu wenig Gebrauch gemacht.

Insoweit handelt es sich um eine durchaus sinnvolle Neuregelung.

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Arbeitsrecht

Amt der Schwer­be­hin­der­ten­ver­tretung bei Absinken der Anzahl der schwer­be­hin­derten Beschäf­tigten in einem Betrieb unter 5 gilt fort

Gemäß Beschluss des Bundes­ar­beits­ge­richts vom 19.10.2022 (7 ABR 27/21) gilt das Amt der Schwer­be­hin­der­ten­ver­tretung bei Absinken der Anzahl der schwer­be­hin­derten Beschäf­tigten in einem Betrieb unter 5 weiter fort. Die Schwer­be­hin­der­ten­ver­tretung ist die Interes­sen­ver­tretung der schwer­be­hin­derten und gleich­ge­stellten Beschäf­tigten. Sie wird gemäß § 177 Absatz 1 Satz 1 SGB IX unter anderem in Betrieben mit wenigstens 5, nicht nur vorüber­ge­henden Beschäf­tigten, schwer­be­hin­derten Menschen für eine Amtszeit von regelmäßig 4 Jahren gewählt. Sinkt die Anzahl schwer­be­hin­derter Beschäf­tigter im Betrieb unter den Schwel­lenwert von 5, ist das Amt der Schwer­be­hin­der­ten­ver­tretung nicht vorzeitig beendet.

 

In dem der Entscheidung zu Grunde liegenden Kölner Betrieb einer Arbeit­geberin mit ungefähr 120 Mitarbeitern, wurde im November 2019 eine Schwer­be­hin­der­ten­ver­tretung gewählt. Zum 01.08.2020 sank die Zahl der schwer­be­hin­derten Menschen in diesem Betrieb auf 4 Beschäftigte. Die Arbeit­geberin informierte die Schwer­be­hin­der­ten­ver­tretung darüber, dass sie nicht mehr existiere und die schwer­be­hin­derten Beschäf­tigten von der Schwer­be­hin­der­ten­ver­tretung in einem anderen Betrieb vertreten würden.

 

In dem von ihr eingeleiteten Verfahren hat die Schwer­be­hin­der­ten­ver­tretung des Kölner Betriebes die Feststellung begehrt, dass ihr Amt nicht aufgrund des Absinkens der Anzahl schwer­be­hin­derter Menschen im Betrieb vorzeitig beendet ist. Arbeits­gericht und Landes­ar­beits­gericht haben den Antrag abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Rechts­be­schwerde der Schwer­be­hin­der­ten­ver­tretung hatte vor dem 7. Senat des Bundes­ar­beits­ge­richts Erfolg. Das Amt der Schwer­be­hin­der­ten­ver­tretung ist nicht vorzeitig beendet. Eine ausdrückliche Regelung, die das Erlöschen der Schwer­be­hin­der­ten­ver­tretung bei Absinken der Anzahl schwer­be­hin­derter Beschäf­tigter unter den Schwel­lenwert nach § 177 Abs. 1 SGB IX vorsieht, besteht im Gesetz nicht. Eine vorzeitige Beendigung der Amtszeit ist auch nicht aus gesetzes­sys­te­ma­tischen Gründen oder im Hinblick auf Sinn und Zweck des Schwel­lenwerts geboten (Quelle: Presse­mit­teilung des Bundes­ar­beits­ge­richts vom 19.10.2022 Nr. 41/22).

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Mietrecht

Neue Mietpreis­bremse für Dresden

Das Sächsische Kabinett hat am 31.05.2022 die Mietpreis­be­gren­zungs­ver­ordnung beschlossen. Für die Städte Dresden sowie Leipzig tritt mit der Veröffent­lichung der Verordnung im Sächsischen Gesetz- und Verord­nungsblatt die sogenannte Mietpreis­bremse in Kraft. Damit dürfen künftig bei Abschluss eines neuen Mietver­trages die Mieten max. 10 % über der ortsüb­lichen Vergleichsmiete liegen, welche wiederum gemäß dem Dresdner und Leipziger Mietspiegel zu ermitteln ist.

 

Hintergrund ist das Bürgerliche Gesetzbuch, welches den Landes­re­gie­rungen die Möglichkeit bietet, per Rechts­ver­ordnung befristet bis zum Ende des Jahres 2025 bestimmte Gebiete mit angespannten Wohnungs­märkten zu bestimmen, in denen die ausrei­chende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwoh­nungen zu angemessenen Bedingungen gefährdet ist.

 

Zuvor wurde bereits im Juni 2020 die Regelung zur abgesenkten Kappungs­grenze bis zum 30.06.2025 verlängert. Mieten in bestehenden Mietver­hält­nissen dürfen demnach in Dresden sowie Leipzig innerhalb von drei Jahren nur um max. 15 % angehoben werden.

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Verkehrsrecht

Entzug der Fahrer­laubnis bei Fahrt mit E-Scooter unter Einfluss von Drogen

Das Verwal­tungs­gericht Würzburg hat in einer Entscheidung vom 23.02.2022 den Entzug einer Fahrer­laubnis wegen E-Scooter­fahrens unter Drogen für rechtmäßig erklärt.

Bei einer Verkehrs­kon­trolle wurde der Fahrer eines E-Scooters unter Einfluss von Cannabis und Amphet­aminen positiv getestet. Die Fahrer­laub­nis­behörde hatte dem Fahrer dann die Fahrer­laubnis entzogen. Hiergegen richtete sich sein Widerspruch und später seine Klage.

Das Verwal­tungs­gericht Würzburg, Az. W 6 K 21.1113, entschied gegen den Fahrer des E-Scooters. Er habe unter Wirkung von Betäubungs­mitteln mit einem Kraftfahrzeug am Straßen­verkehr teilge­nommen und damit gemäß Nr. 9.1 und 9.22 der Anlage 4 FEV. sich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahr­zeugen erwiesen.

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Mietrecht

Heizkosten: Ohne Wärmemen­gen­zähler erfolgt Kürzung

Gemäß einer aktuellen Entscheidung des Bundes­ge­richtshofes wird die Diskussion über die Frage der Anwendung des Kürzungs­rechts beendet.

 

Zu klären war die streitige Frage, ob dem Mieter bei auch nur teilweise fehlender Erfüllung der Tatbestands­merkmale des § 9 HeizkV ein Kürzungsrecht gemäß § 12 HeizkV zusteht.

 

Die streit­ge­gen­ständliche Wohnanlage verfügte über eine zentral verbundene Anlage zur Versorgung der Wohnungen mit Wärme und mit Warmwasser. Hierfür sieht § 9 der Heizkos­ten­ver­ordnung vor, dass die einheitlich für Wärme und Warmwasser entstandenen Kosten des Betriebs aufzuteilen sind. Diese Aufteilung erfolgt anhand der Anteile am Wärmever­brauch. Zur Ermittlung dieser Anteile am Wärmever­brauch, ist der Verbrauch der zentralen Warmwas­ser­ver­sor­gungs­anlage vom gesamten Verbrauch der verbundenen Anlage abzuziehen. Zu diesem Zweck wird geregelt, dass die auf die zentrale Warmwas­ser­ver­sor­gungs­anlage entfallende Wärmemenge mit Wärmemen­gen­zählern zu messen ist. Wenn diese fehlen, dann ist eine Kürzung durch die Mieter gerecht­fertigt. Bei diesem Kürzungsrecht des Mieters handelt es sich um einen pauscha­lierten Schadens­er­satz­an­spruch wegen Nichtbe­achtung, der sich aus der Heizkos­ten­ver­ordnung ergebenden und als mietver­tragliche Nebenpflichten einzuord­nenden Vermie­ter­pflichten

 

Die Möglichkeit zur pauschalen Schadens­be­rechnung ist dabei zwangs­läufig mit der Gefahr einer unzutref­fenden bzw. zu hohen Bemessung des Schadens verbunden. Insoweit gab der BGH dem Mieter recht, mit der Begründung, der Wille des Gesetz­gebers sieht genau diese Auslegung der Heizkos­ten­ver­ordnung so vor ((BGH, VIII ZR 151/20, Urteil vom 12.01.2022).

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Famili­enrecht

Entschei­dungs­be­fugnis uneiniger Eltern hinsichtlich der Zustimmung zur Corona-Schutz­impfung ist auf den Elternteil zu übertragen, der der Empfehlung der Stiko folgt

Gemäß eines Beschlusses des Oberlan­des­ge­richts Rostock vom 10.12.2021, Az. 10 UF 121/21, ist die Entschei­dungs­be­fugnis hinsichtlich der Zustimmung zu Impfungen gegen das Coronavirus mit einem mRNA-Impfstoff, bei einer vorhandenen Empfehlung einer Impfung durch die Ständige Impfkom­mission (Stiko), auf denjenigen Elternteil zu übertragen, welcher der Empfehlung der Stiko folgt und die Impfung befürwortet.

So hatte bereits das Oberlan­des­gericht Frankfurt entschieden sowie auch das Oberlan­des­gericht München.

Dabei bestätigten die Richter auch, dass eine Übertragung der Teilbe­reiche der elterlichen Sorge auch im Wege einer Einstweilen Anordnung in Betracht komme. Dem stehe nicht entgegen, dass durch eine sodann erfolgende Impfung die Hauptsache vorweg­ge­nommen wird. Entscheidend sei das dringende Bedürfnis für ein sofortiges Tätigwerden, was grundsätzlich im Hinblick auf die sogenannte „vierte Welle“ dem Grunde nach zu bejahen sei. Im Hinblick auf sodann folgende Auffri­schungs­imp­fungen solle jedoch ein Eilbedürfnis hierzu nicht bestehen.

Bei Fragen rund um das Thema elterliche Sorge und Impfung sollte insoweit immer anwalt­licher Rat eingeholt werden.

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Arbeitsrecht

Änderungen im Arbeitsrecht 2022

Auch im Jahr 2022 wird es wieder eine Vielzahl von Änderungen im Arbeitsrecht geben. Wir haben hierzu eine kurze Zusammen­stellung zur besseren Übersicht erstellt:

 

-Der gesetzliche Mindestlohn soll ab dem 01.01.2022 brutto 9,82 € pro Arbeits­stunde betragen.

 

-Die Minijob­grenze wird von 450,00 € auf 520,00 € angehoben.

 

-Krankmel­dungen der Patienten werden seit 01.10.2021 digital an die Kranken­kassen übermittelt und ab 01.07.2022 sollen auch die Arbeitgeber elektro­nische Krankmel­dungen erhalten. Damit wird erheblich zur Digita­li­sierung beigetragen. Allerdings müssen Ärzte den Versicherten auch weiterhin eine Beschei­nigung der Arbeits­un­fä­higkeit in Papierform aushändigen.

 

-Auch eine Neuregelung zur digita­li­sierten Arbeits­lo­sen­meldung findet statt. Arbeitslose müssen ab Januar 2022 nicht persönlich die Agentur für Arbeit aufsuchen. Ausreichend ist nunmehr eine elektro­nische Arbeits­los­meldung.

 

-Der steuerliche Grundfrei­betrag wird erhöht um 204,00 €. Einkom­men­steuer wird fällig für Ehepaare sowie eingetragene Lebens­partner ab einem Betrag von 19.896,00 € sowie für Ledige ab einem Betrag i.H.v. 9.948,00 €.

 

-Noch bis 31.03.2022 kann der sogenannte Coronabonus Arbeit­nehmern vom Arbeitgeber gezahlt werden. Auch gilt bis zu diesem Zeitpunkt der leichtere Zugang zu Kurzar­bei­tergeld sowie Neustart­hilfen und Härtefall­hilfen.

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Mietrecht

Wohnungs­schlüs­sel­diebstahl aus abgeschlossenem Auto in Tiefgarage ist kein Verschulden des Mieters

In einer selbst erstrittenen Entscheidung des Amtsge­richts Dresden, Az. 140 C 3306/19, hat das Amtsgericht Dresden die Mieter­rechte gestärkt. Es wies eine Klage ab seitens einer Vermieterin, die den Mieter auf Schadens­ersatz in Anspruch genommen hatte, nachdem dem Mieter in einem abgeschlossenen Kfz in der Tiefgarage des Wohnge­bäudes ein Wohnungs­schlüssel entwendet wurde.

 

Im konkreten Fall hatte der Mieter einen Wohnungs­schlüssel nach seiner Urlaubs­rückkehr in der Tiefgarage des Wohnge­bäudes in seinem abgeschlossenen Auto vergessen. Es kam zu einem Einbruch in die Tiefgarage und das Auto wurde aufgebrochen und der Schlüssel entwendet.

 

Die Vermieterin verlangte nunmehr für die Auswechslung der gesamten Schließ­anlage des Hauses ca. 4000,00 € vom Mieter. Der Vermieter warf dem Mieter vor, er habe fahrlässig gehandelt, als er den Schlüssel in seinem Kfz habe liegen lassen. Der Mieter hielt dagegen, dass er seine Obhuts­pflichten nicht verletzt habe, soweit der Zweitschlüssel zur Wohnung nach der Urlaubs­rückkehr im PKW vergessen wurde, der zudem noch abgeschlossen war.

 

Das Amtsgericht bestätigte diese Rechts­auf­fassung und wies die Klage auf Schaden­ersatz ab. Gemäß Ausfüh­rungen des Amtsge­richts Dresden gehört es zur Obhuts­pflicht des Mieters, die Schlüssel zur Mietsache sorgsam aufzube­wahren und darauf zu achten, dass sie nicht in Verlust geraten. Jedoch wurde der Schlüssel aus dem Handschuhfach des verschlossenen Pkw in einer abgeschlossenen Tiefgarage des Mietobjekts entwendet, weshalb ein Verstoß gegen die mietver­tragliche Obhuts­pflicht nicht vorliegen könne. Aus der Ermitt­lungsakte der Staats­an­walt­schaft ergab sich, dass der PKW des Mieters aufgebrochen wurde, indem die Seiten­scheibe der Fahrertür eingeschlagen wurde und anschließend wurde der gesamte Innenraum des Fahrzeugs durchsucht. Ein solcher Einbruch­diebstahl in ein abgeschlossenes Fahrzeug, was zudem noch in einem abgeschlossenen Objekt abgestellt wurde, kann dem Mieter nicht angelastet werden (Amtsgericht Dresden, AZ 140 C 3306/19.

 

Darauf hinzuweisen ist jedoch, dass immer im Einzelfall genau geprüft werden muss, ob ein Schlüs­sel­verlust auf einer Obhuts­pflicht­ver­letzung beruht oder ob konkrete Umstände vorliegen, die dem entgegen­stehen.

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Verkehrsrecht

BGH urteilt zur Frage des Abzugs einer sogenannten Wechsel­prämie

Durch Urteil vom 20.07.2021, Az. VI ZR 533/20, entschied der Bundes­ge­richtshof, dass eine sogenannte Wechsel­prämie nicht zu Gunsten eines Fahrzeug­her­stellers vom Schadens­er­satz­an­spruch eines Käufers, nach Kauf eines sogenannten Dieselskandal-Fahrzeugs, in Abzug gebracht werden kann. Denn nach Auffassung des Bundes­ge­richtshofes erhielt der betroffene Fahrzeug­käufer die Wechsel­prämie nur aufgrund seiner Entscheidung, das Auto und die Automarke zu wechseln. Insoweit hatte sie nichts mit dem Substanzwert oder dem Nutzungswert des in Zahlung gegebenen Fahrzeugs zu tun und insoweit steht diese Prämie nicht dem Fahrzeug­her­steller zu.

Im Einzelnen:

Der Kläger hatte 2014 einen gebrauchten VW Passat erworben. Dieser war mit einem Dieselmotor ausgestattet, welcher eine Steuerungs­software enthielt und erkannte, ob sich das Fahrzeug auf einem Prüfstand oder im normalen Straßen­verkehr befindet. Die Software führte dann zu einer erhöhten Abgasrück­führung, so dass auf dem Prüfstand die entspre­chenden Abgaswerte eingehalten wurden. Noch während des Rechts­streits erwarb dann der Käufer des Fahrzeuges ein anderes Fahrzeug einer anderen Marke und erhielt von dem dortigen Hersteller eine sogenannte "Wechsel­prämie". Strittig war insoweit, ob der Fahrzeug­käufer sich diese Wechsel­prämie anrechnen lassen müsse im Hinblick auf seinen Schadens­er­satz­an­spruch. Dies hat der Bundes­ge­richtshof nunmehr entschieden und wie vorstehend verneint (BGH, Urteil vom 20.07.2021-VI ZR 533/20 sowie Presse­mit­teilung Nr. 137/2021 des Bundes­ge­richtshofes).

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Mietrecht

Betriebs­kos­ten­ab­rechnung - Anspruch auf Einsicht in Zahlungs­belege

Gemäß einer aktuellen Entscheidung des Bundes­ge­richtshofes (BGH, Urteil vom 09.12.2020 - VIII ZR 118/19) hat der Mieter gegenüber dem über die Betriebs­kosten abrech­nenden Vermieter einen Anspruch auf vollständige Belegeinsicht, was auch die Zahlungs­belege betrifft.

 

Zu den Abrech­nungs­un­terlagen, auf die sich das Einsichtsrecht bezieht, gehören neben den Rechnungen auch die dazuge­hörigen jeweiligen Zahlungs­belege über die in der Abrechnung auf den Mieter umgelegten Betriebs­kosten, so der BGH. Nur mithilfe dieser Belege wird der Mieter in die Lage versetzt, die Berech­tigung der jeweils in Rechnung gestellten Beträge zu überprüfen. Es bedarf auch keiner weiteren Darlegungen des Mieters im Hinblick auf dieses Recht zur Einsichtnahme.

 

Der Vermieter kann sich nicht auf Datenschutz und ähnliches berufen. Dies gilt alles unabhängig davon, ob der Vermieter nach dem Abfluss­prinzip oder nach dem Leistungs­prinzip abrechnet oder bei unterschied­lichen Betriebs­kos­tenarten teils die eine oder andere Abrech­nungs­methode verwendet. Es ist, so der BGH, Ausfluss des sogenannten allgemeinen Kontroll­in­teresses des Mieters, nachprüfen zu können, ob der Vermieter die in die Abrechnung eingestellten Leistungen Dritter wie beispielsweise Versor­gungs­un­ter­nehmen tatsächlich auch vollständig bezahlt hat. Diese Entscheidung wird die Vermieter insbesondere größerer Objekte und Mehrhaus­anlagen vor erhebliche Probleme stellen, da das Einsicht­nah­merecht eine noch weiter­gehende Aufschlüs­selung einzelner Positionen erforderlich machen wird.

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Famili­enrecht

Kinder­zu­schlag ist unterhalts­rechtlich Einkommen

Gemäß Beschluss vom 28.10.2020 des Bundes­ge­richtshofes ist der Kinder­zu­schlag nach § 6 a BKGG unterhalts­rechtlich in voller Höhe als Einkommen des Kindes zu behandeln. Eine Aufteilung in einen Barunter­haltsteil sowie in einen Betreu­ungs­un­ter­haltsteil findet demnach nicht statt. Anspruch auf Kinder­zu­schlag haben Familien, deren Kind in ihrem Haushalt lebt und unter 25 Jahre alt ist und der betreuende Elternteil das Kindergeld erhält. Dabei muss das Brutto­ein­kommen der Familie mindestens 900 € betragen. Der Kinder­zu­schlag wird dann für jedes Kind einzelnen entsprechend berechnet (AZ.: XII ZB 512/19).

 

Im Rahmen der Bemessung des Selbst­behalts des Kindes­un­ter­halts­pflichtigen sind die von diesem für seinen Famili­en­verband getragenen Wohnkosten anteilig zu berück­sichtigen.

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Arbeitsrecht

Zum Anspruch des Arbeit­nehmers auf eine Arbeits­be­schei­nigung

Nach Beendigung des Arbeits­ver­hält­nisses, beispielsweise durch Kündigung oder aufgrund anderer Beendi­gungs­tat­be­stände, benötigt der Arbeit­nehmer grundsätzlich zur Geltend­machung von Arbeits­lo­sengeld I eine sogenannte Arbeits­be­schei­nigung vom Arbeitgeber. Diesbe­züglich kommt es immer wieder zum Streit über die Rechte und Pflichten seitens des Arbeit­gebers auch im Hinblick auf den Inhalt dieser Beschei­nigung.

 

Der Arbeitgeber ist in rechtlicher Hinsicht sowohl gegenüber der Agentur für Arbeit als auch gegenüber dem Arbeit­nehmer verpflichtet, die Arbeits­be­schei­nigung gemäß dem Formblatt auszustellen, gegebe­nenfalls auch in elektro­nischer Form gemäß § 313 a SGB III. Der Arbeit­nehmer muss lediglich einen entspre­chenden Antrag stellen.

 

Die Arbeits­be­schei­nigung enthält dann die Angaben über die Art der Tätigkeit, Beginn, Ende und Lösungsgrund des Arbeits­ver­hält­nisses sowie die gezahlte Arbeits­ver­gütung und die sonstigen Bezüge. Sofern dann die Arbeits­be­schei­nigung fehlerhafte oder gar wahrheits­widrige Angaben enthält, so kann der Arbeitgeber sogar mit Bußgeldern belegt werden seitens der Behörde und sich schaden­er­satz­pflichtig machen gegenüber der Agentur für Arbeit bzw. auch gegenüber dem Arbeit­nehmer selbst. Rechts­strei­tig­keiten zwischen Arbeit­nehmer und Arbeitgeber werden vor dem Arbeits­gericht dann geführt, jedoch sind Klagen auf Berich­tigung von Arbeits­be­schei­ni­gungen vor den Sozial­ge­richten zu erheben.

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Mietrecht

BGH: Schönheits­re­pa­raturen müssen trotz unwirksamer Klausel vom Vermieter auf Verlangen des Mieters durchgeführt werden

Gemäß einer aktuellen Entscheidung des Bundes­ge­richtshofes (Urteil vom 08.07.2020, Az. VIII ZR 270/18) muss der Vermieter bei einer unwirksamen Schönheits­re­pa­ra­tur­klausel im Mietvertrag die Schönheits­re­pa­raturen selbst durchführen, wenn der Mieter dies von ihm während des Mietver­hält­nisses verlangt.

Damit schreibt der Bundes­ge­richtshof seine aktuelle Rechtsprechung fort, wonach bei unwirksamen Schönheits­re­pa­ra­tur­klauseln der Mieter die Schönheits­re­pa­raturen selbst nicht durchführen muss. Es stellte sich in der Rechts­an­wendung dann die Frage, ob der Mieter in einem solchen Fall vom Vermieter während des laufenden Mietver­hält­nisses die Durchführung der Schönheits­re­pa­raturen verlangen darf. Dies wurde nunmehr in der Entscheidung des BGH so bestätigt. Der Vermieter muss gemäß § 535 Abs. 1 S. 2 BGB dem Mieter die Mietsache in einem zum vertrags­gemäßen Gebrauch geeigneten Zustand überlassen und sie während der Mietzeit auch in diesem Zustand weiter erhalten. Hierzu gehört es, dass eine nach der Überlassung eingetretene Verschlech­terung der Mietsache zu beseitigen ist und der zum vertrags­gemäßen Gebrauch geeignete Zustand wieder­her­zu­stellen ist. An die Stelle der unwirksamen Schönheits­re­pa­ra­tur­klausel tritt dann die entspre­chende gesetzliche Bestimmung, wonach der Vermieter die Instand­hal­tungslast im Hinblick auf das Mietobjekt hat. Eine ergänzende Vertrags­aus­legung wurde seitens des Bundes­ge­richtshofs abgelehnt, mithin die Frage verneint, dass keine der beiden Parteien im Fall der unwirksamen Schönheits­re­pa­ra­tur­klausel die Kosten zu tragen habe.

Grundsätzlich sei der Zustand wie bei Wohnungs­übergabe geschuldet. Dass der Vermieter jedoch bei Durchführung der Schönheits­re­pa­raturen einen besseren Zustand durch die Neureno­vierung schafft, als der Mieter bei Anmietung der Wohnung hatte, da die Wohnung im unreno­vierten Zustand angemietet wurde, ist unerheblich und der Vermieter muss diese Situation akzeptieren. Jedoch kann der Mieter durch eine Kosten­be­tei­ligung an den Renovie­rungs­kosten mit in Anspruch genommen werden. Der Bundes­ge­richtshof hält in der Regel ein hälftige Kosten­be­tei­ligung in diesem Falle für angebracht, da der Mieter einen besseren Zustand erhält als bei Anmietung der Wohnung aufgrund des dort unreno­vierten Zustands.

Nunmehr bleibt abzuwarten, wie sich diese Entscheidung in der Praxis auswirken wird. Es kann diesseits nur vermutet werden, dass der Mieter eher nicht die Durchführung von Schönheits­re­pa­raturen vom Vermieter einfordern wird, da aufgrund der hälftigen Kosten­be­tei­ligung die Durchführung der Schönheits­re­pa­raturen in Eigenleistung deutlich günstiger sein wird. Wir halten Sie von der Fortent­wicklung informiert.

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Verkehrsrecht

Weiter­leitung eines Fotos per WhatsApp führt nicht zu einer korrekten Zustellung des Bußgeld­be­scheides

In einer Entscheidung des Amtsge­richts Trier vom 27.11.2020 gab das Amtsgericht dem Beschwer­de­führer recht, welcher Einspruch gegen einen Bußgeld­be­scheid eingelegt hatte. Hintergrund war, dass er mit einer Geschwin­dig­keits­über­schreitung von 53 km/h gemessen wurde und der Bußgeld­be­scheid dann an die Adresse seiner Mutter übersandt wurde. Zu diesem Zeitpunkt wohnte jedoch der Beschwer­de­führer gar nicht mehr da, sondern war auf einer anderen Anschrift gemeldet. Das Foto des Bußgeld­be­scheides wurde ihm dann von seiner Mutter per WhatsApp übersandt. Hierauf meldete er sich bei der Bußgeld­behörde und teilte mit, dass er möglicherweise gar nicht der Fahrer sei. Er bat um die Übersendung von Meßfotos. Die Bußgeld­behörde erinnerte ihn dann im Folgenden an die Rechtskraft des Bußgeld­be­scheides und forderte ihn zur Abgabe des Führer­scheins auf. Hiergegen legte er über seinen Rechts­beistand dann Einspruch ein mit der Begründung, der Bescheid konnte nicht in Rechtskraft erwachsen, da der ursprüngliche Bußgeld­be­scheid gar nicht ordnungsgemäß zugestellt worden war.

Das Amtsgericht gab ihm recht. Gemäß § 189 ZPO gilt der Bescheid bei Zustel­lungs­mängeln in dem Zeitpunkt als zugestellt, in dem der Bußgeld­be­scheid dem Betroffenen tatsächlich zugegangen ist. Dabei muss der Zugangs­adressat das zuzustellende Dokument tatsächlich erhalten haben und damit Kenntnis vom Inhalt nehmen können. Die bloße Unterrichtung über den Inhalt des Schrift­stücks durch Übermittlung eines Fotos per WhatsApp genügt diesen Anforde­rungen nicht (AG Trier vom 27.11.2020, Az. 35 A OWi 52/20).

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Verkehrsrecht

BGH stärkt Rechte der Verbraucher im Dieselskandal

VW hat sitten­widrig getäuscht

Mit Urteil vom 25.05.2020 unter dem Aktenzeichen VI ZR 252/19 hat der BGH nach 5 Jahren entschieden, dass VW sitten­widrig getäuscht hat. Im vorlie­genden Fall klagte ein Verbraucher auf Rückab­wicklung als Schadens­ersatz, dass VW sein Fahrzeug gegen Kaufpreis­rück­zahlung abzüglich der gefahrenen Kilometer zurück­nehmen muss.

Damit ist nun höchst­rich­terlich geklärt, dass die Abschalt­ein­richtung gem. § 826 BGB sitten­widrig ist.

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Mietrecht

Keine fristlose Kündigung trotz unpünkt­licher Mietzahlung und Urkunden­fäl­schung

Das Landgericht Berlin hatte in einem Beschluss vom 13.09.2018 entschieden, dass auch eine unpünktliche Zahlung der monatlichen Miete und eine zuvor gefälschte Sterbe­urkunde kein Grund für eine außeror­dentliche fristlose Kündigung im Einzelfall sein müssen.

 

Gemäß § 543 Abs. 1 BGB kann der Vermieter das Mietver­hältnis fristlos kündigen, wenn ihm unter Berück­sich­tigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Verschuldens der anderen Partei, unter Abwägung der beider­seitigen Interessen ein Festhalten am Vertrag nicht zugemutet werden kann. Diese Voraus­setzung kann gegeben sein, wenn der Mieter die vereinbarte Miete trotz Abmahnung nicht pünktlich zahlt. Kündigungsgrund kann auch sein, wenn der Mieter den Vermieter eine gefälschte Sterbe­urkunde übergibt. Es ist im Hinblick auf den zur außeror­dent­lichen Kündigung berech­ti­genden Grund eine Abwägung vorzunehmen.

 

Denn insbesondere bei langan­dau­ernden Mietver­hält­nissen rechtfertigt eine fristlose Kündigung nicht, dass der Mieter unpünktlich Mietzins zahlt. Soweit sich der Mieter darauf beruft, Ersatz­wohnraum zu zumutbaren Bedingungen nicht beschaffen zu können, muss das Amtsgericht dabei auch erwägen, ob dem Mieter eine sogenannte Beweiser­leich­terung zugutekommt. Insbesondere wenn die ausrei­chende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwoh­nungen zu angemessenen Bedingungen nicht möglich sei, wäre der Mieter besonders schutz­würdig und eine Abwägung führt zugunsten des Mieters dazu, dass ein zur fristlosen Kündigung berech­ti­gender Grund nicht vorliegt (LG Berlin, Beschluss vom 13.09.2018, 67 T 137/18).

 

Die Entscheidung zeigt, dass immer anhand des konkreten Einzel­falles die Möglich­keiten in rechtlicher Hinsicht geprüft werden müssen und auch eine für sich genommen „klare Sachlage“ nicht immer zu dem erwarteten Ergebnis führen kann.

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Famili­enrecht

Ab dem 01.01.2020 gilt die neue Düssel­dorfer Tabelle

Die sogenannte Düssel­dorfer Tabelle, welche seit 1979 von den Richtern des Oberlan­des­ge­richts Düsseldorf heraus­gegeben wird, beruht auf Koordi­nie­rungs­ge­sprächen sämtlicher Oberlan­des­ge­richte und der Unterhalts­kom­mission des Famili­en­ge­richtstages e.V. Die Düssel­dorfer Tabelle ist eine Richtlinie und Hilfsmittel für die Bemessung des angemessenen Unterhalts im Sinne des § 1610 BGB. Sämtliche Oberlan­des­ge­richte der Bundes­re­publik Deutschland verwenden diese Düssel­dorfer Tabelle als Richtlinie zur Entschei­dungs­findung. Einheitlich werden die einzelnen Bedarfssätze zugrunde gelegt und der Selbst­behalt soll nicht differen­zieren zwischen den einzelnen Bundes­ländern.

 

Die Düssel­dorfer Tabelle, welche vom Oberlan­des­gericht Düsseldorf regelmäßig heraus­gegeben wird, wurde zum 01.01.2020 geändert. Im Wesent­lichen betreffen die Änderungen die Bedarfssätze minder­jähriger und volljähriger Kinder sowie den sogenannten Studie­ren­den­bedarf, soweit der Studierende nicht mehr bei seinen Eltern oder einem der Elternteile wohnt. Ferner wurden die sogenannten Selbst­behalte angepasst. Von diesen Änderungen wollen wir in der kommenden Ausgabe unserer Mandan­ten­zeitung Durchblick berichten.

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Arbeitsrecht

Ruhegeld bei Betriebs­übergang

Gemäß einer aktuellen Entscheidung des Bundes­ar­beits­ge­richts (Urteil vom 22.10.2019, 3 AZR 429/18) wurde festge­halten, dass die Betriebs­parteien bei Eingriffen in Versor­gungs­rechte immer an die Grundsätze des Vertrau­ens­schutzes so wie an den Grundsatz der Verhält­nis­mä­ßigkeit gebunden seien. Dem Arbeit­nehmer war in dem zu Grunde liegenden Fall seitens seines ursprüng­lichen Arbeit­gebers eine betriebliche Alters­ver­sorgung nach einer Betriebs­ver­ein­barung zugesagt worden. Es kam dann später zu einer Verschmelzung des vormaligen Arbeit­gebers mit einer Erwerberin des Betriebes. Zu diesem Zeitpunkt gab es dann bereits zwei beschlossene Ruhegeld­ord­nungen sowie ein noch nicht geschlossenes Versor­gungswerk in Form von Gesamt­be­triebs­ver­ein­ba­rungen. Später schloss die Erwerberin des Betriebes mit den zuständigen Gewerk­schaften einen Tarifvertrag, welcher dann die Regelungen zur betrieb­lichen Alters­ver­sorgung für ehemalige Mitarbeiter der ursprüng­lichen Arbeit­geberin enthielt. Demnach sollten die Arbeit­nehmer in den Ruhegeld­ord­nungen einbezogen werden, als hätten sie die gesamte Betriebs­zu­ge­hö­rigkeit bereits beim Erwerber verbracht. Der Arbeit­nehmer begehrte dann ein erhöhtes Alters­ru­hegeld, da nach seiner Auffassung der von der Erwerberin gezahlte Betrag zu gering gewesen ist sowie auch falsch berechnet. Die Klage hatte vor dem Bundes­ar­beits­gericht Erfolg und führte zur Zurück­ver­weisung an das Landes­ar­beits­gericht. Auf Grundlage des Vertrau­ens­schutzes und dem Grundsatz der Verhält­nis­mä­ßigkeit war die Erwerberin gehalten, die Berechnung anhand des später geltenden Tarifver­trages vorzunehmen.

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Verkehrsrecht

Wer auffährt, hat immer Schuld?

Trägt der Auffah­rende immer die Schuld, selbst wenn der Vordermann ohne Grund bremst?

Es ist ein Klassiker unter den Verkehrs­rechts­mythen: Wer auf das voraus­fah­rende Fahrzeug auffährt, hat Schuld. Eine Vermutung, die zunächst einleuchtend klingt. Schließlich muss der hinten Fahrende auf den Verkehr achten und entspre­chend reagieren, wenn der Vordermann oder die Vorderfrau auf die Bremse tritt. Tatsächlich ist es so, dass bei Auffahr­un­fällen die Schuld wesentlich häufiger beim Fahrer des auffah­renden Fahrzeugs liegt als beim „Getrof­fenen“ – zum Beispiel, weil der Fahrer den vorge­schrie­benen Sicher­heits­ab­stand nicht einhält oder auf ein abbie­gendes Fahrzeug auffährt, weil er nicht auf die Straße geachtet hat.

Der sogenannte Anscheins­beweis spricht bei solchen Kollisionen dafür, dass der Auffahrende sich verkehrs­widrig verhalten hat, Das heißt aber nur, dass zunächst von einer Schuld des Auffah­renden auszugehen ist.

Diese Vermutung kann sich bei der Unter­su­chung des Unfalls durch ein Gericht aber als falsch heraus­stellen. Die Schuld an einem Unfall trägt derjenige, der gegen die Verkehrs­regeln verstoßen und den Unfall verur­sacht hat. Das kann durchaus auch der Voraus­fah­rende sein – zum Beispiel, wenn er völlig unver­mittelt eine Vollbremsung macht und dadurch den Unfall auslöst.

Ein solches gefähr­liches Bremsmanöver muss gut begründet sein. Wer beispielsweise für kleinere Tiere in die Eisen steigt, kann damit rechnen, bei einem daraus resultie­renden Unfall die Schuld ganz oder teilweise zugesprochen zu bekommen.

Häufig stellt sich bei der Unter­su­chung eines Unfalls auch heraus, dass beide Verkehrs­teil­nehmer Fehler gemacht haben. Etwa, wenn der Voraus­fah­rende unverhält­nismäßig stark gebremst hat und der Hintermann gleich­zeitig zu schnell unterwegs war.

Das Gericht kann in einem solchen Fall die Haftungsquote auf die beiden Beteiligten aufteilen, woraufhin ein Fahrer dann beispielsweise 60 Prozent des Schadens trägt und der andere 40. Gelegentlich wird die Haftung bei einer Kollision auch geteilt, wenn sich die Schuld nicht eindeutig ermitteln lässt, zum Beispiel bei einem Unfall nach einem Fahrbahn­wechsel oder bei einer Massen­ka­ram­bolage.

Es bleibt festzu­halten: Die Annahme, dass der Auffah­rende bei einem Unfall immer die Schuld trägt, ist falsch. Wie so oft im Recht kommt es ganz auf den Einzelfall an.

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Mietrecht

Anspruch des Wohnungs­mieters auf Bekanntgabe des vollständigen Namens und der Anschrift des Vermieters

Immer wieder erleben wir in der Praxis die Situation, dass Mieter bei Streitig­keiten mit ihrem Vermieter noch nicht einmal den vollständigen Namen des Vermieters kennen oder gar eine ladungs­fähige Anschrift. Erstmals bei Streitig­keiten wird dann festge­stellt, dass im Mietvertrag keinerlei hinrei­chende Angaben hierzu sind. Da die Partei des Mietver­hält­nisses stets der Mieter auf der einen Seite und der Eigentümer/Vermieter auf der anderen Seite ist, ist die oftmals im Mietvertrag stehende Anschrift der Hausver­waltung nicht zielführend. Insoweit muss dann erst teilweise in zeitauf­wendiger Ermittlung die ladungs­fähige Anschrift des Vermieters oder gar der Name heraus­ge­funden werden.

 

Das Landgericht Dortmund hat durch Beschluss vom 18.03.2019 (Az. 1 S 9/19) die Rechte des Mieters gestärkt. Soweit mögliche gerichtliche Ausein­an­der­set­zungen zu erwarten sind, so besteht ein berech­tigtes Interesse des Mieters an der Auskunft des vollständigen Namens und der Anschrift des Vermieters gegenüber der Hausver­waltung. Dies bedeutet, dass der Wohnungs­mieter sich an die Hausver­waltung wenden kann und den Anspruch auf vollständige Auskunft über Anschrift und Namen des Vermieters verlangen kann. Soweit dann die Hausver­waltung die Herausgabe dieser Informa­tionen unter Gesichts­punkten des Datenschutzes oder von Geheim­hal­tungs­in­teressen verweigert, so wurde dieser Auffassung seitens des Landge­richtes ebenfalls eine klare Absage erteilt. Denn die Mieter haben ein berech­tigtes und schutz­würdiges Interesse an der Benennung des Namens und der Anschriften des Vermieters und diese Informa­tionen werden auch benötigt, um Ansprüche geltend machen zu können. Nach Auffassung des Gerichts sind dabei die Mieter regelmäßig auch nicht gehalten, diese Informa­tionen über andere Quellen durch Einsichtnahme in das Grundbuch oder Einholung von Auskünften über das Einwoh­ner­meldeamt selbst einzuholen. Datenschutz­vor­schriften stehen ebenfalls nicht entgegen, da es bereits fraglich sei, ob der Vermieter überhaupt ein Interesse gegenüber seinem Vertrags­partner an Geheim­haltung haben könne.

 

Damit wurde der Weg für den Mieter freigemacht, die oft mühsamen Wege abkürzen zu können und direkt gegenüber der jeweiligen Hausver­waltung (welche in den meisten Fällen sämtliche Korrespondenz mit dem Mieter führt ) zu wählen, um die Informa­tionen beschaffen zu können.

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Famili­enrecht

Rückzahlung von abgehobenen Geldbe­trägen vom gemeinsamen Konto nach der Trennung

In einer aktuellen Entscheidung des OLG Nürnberg (Beschluss vom 31.10. 2018 - 7 UF 617/18) wurde eine Ehefrau zur Rückzahlung von unberechtigt abgehobenen Geldbe­trägen vom Konto des Ehemannes an den Ehegatten verpflichtet. Der Ehemann verlangte von der Ehefrau, welche zu diesem Zeitpunkt bereits geschieden war, die Rückzahlung eines Betrages über 83.000 €, welche die Ehefrau von einem Konto des Antrag­stellers abgebucht hatte. Die beteiligten Ehegatten hatten im Jahr 2000 die Ehe miteinander geschlossen. Ab 2002 lebten sie getrennt. Der Ehemann war alleiniger Inhaber eines Kontos. Zu diesem Konto hatte der Ehemann der Ehefrau vor der Trennung eine Kontovollmacht erteilt. Nach der Trennung erteilte die Ehefrau der Bank den Auftrag, einen Betrag i.H.v. 83.000 € von diesem Konto auf ein Konto bei ihrer Mutter zu überweisen. Als Verwen­dungszweck gab sie an: „Privat­schulden“.

 

Der Ehemann verlangte nunmehr diesen Betrag zurück­er­stattet. Sowohl das Amtsgericht als auch dann das Rechts­mit­tel­gericht gaben dem Ehemann Recht. Der Ehemann konnte von der Ehefrau aus unerlaubter Handlung gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB die Rückzahlung der 83.000 € verlangen. Nach § 823 Abs. 2 BGB ist derjenige, welcher gegen ein Gesetz verstößt, das den Schutz eines anderen bezweckt, verpflichtet, diesem den aus dem Verstoß entstandenen Schaden zu ersetzen. Ein Schutz­gesetz in dem genannten Sinn stellt auch § 266 StGB (Untreue) dar. Danach macht sich strafbar, wer die ihm durch Gesetz, behörd­lichen Auftrag oder Rechts­ge­schäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögens­in­teressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt. Die Ehefrau hatte schuldhaft gegen § 266 Abs. 1 StGB verstoßen. Der Bundes­ge­richtshof hat bereits mehrfach entschieden, dass ein Ehegatte, der nach erfolgter Trennung eine ihm vor der Trennung von dem anderen Ehegatten erteilte Kontovollmacht nutzt, um gegen den erkennbaren Willen des Vollmacht­gebers Verfügungen über ein alleine dem Vollmachtgeber zustehendes Bankkonto vorzunehmen, den dem anderen Ehegatten dadurch entste­henden Vermögens­schaden zu ersetzen hat. Dem liegt zugrunde, dass die in der Ehe erteilte Vollmacht im Regelfall, wie vom Ehemann unstreitig dargelegt, der Verwirk­lichung der ehelichen Lebens­ge­mein­schaft dienen soll und in dem Zusammenleben der Ehegatten ihre Grundlage hat. Findet die Lebens­ge­mein­schaft durch die Trennung der Ehepartner ein Ende, so liegt darin ein Wegfall der Geschäfts­grundlage. Der Ehegatte, der den anderen während des Zusammen­lebens aus besonderem Vertrauen die Verfügungs­be­fugnis eingeräumt hat, muss davor geschützt werden, dass der andere die Befugnis nach der Trennung in eigensüchtiger oder sonst missbräuch­licher Weise ausnutzt. Wenn ein Ehegatte noch nach der Trennung gegen den erkennbaren Willen des anderen von dessen Konto oder Ausnutzung einer noch nicht wirksam widerrufenen Vollmacht Beträge abhebt, um sie seinem eigenen Vermögen oder dem Vermögen eines Dritten zuzuführen, so kommt eine Schadens­er­satz­pflicht aus unerlaubter Handlung und daneben eine Heraus­ga­be­pflicht wegen angemaßter Geschäfts­führung in Betracht (BGH in FamRZ 1989,34, BGH in FamRZ 1988,476). Insoweit hat die Ehefrau den unberechtigt abgehobenen Betrag dem Ehemann vollständig zu erstatten.

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Arbeitsrecht

Arbeits­gericht Köln entscheidet: Karnevalszeit ist die Zeit von Weiber­fastnacht bis Ascher­mittwoch

Eine Entscheidung, die nur aus dem Rheinland stammen kann, hat nun das Arbeits­gericht Köln getroffen und eine kleine, aber feine Unterscheidung zwischen den Karnevalstagen und der Karnevalszeit hervor­gehoben.

Anlass des Urteils vom 11.01.2019, Az. 19 Ca 3743/18 war der Rechts­streit einer Kölner Kellnerin über ein Arbeits­zeugnis.

In diesem sollte nieder­gelegt sein, dass sie auch während der Karnevalszeit tätig gewesen war.
Das Arbeits­gericht, das richti­gerweise hervorhob, dass Arbeits­zeugnisse wohlwollend und dem beruflichen Fortkommen förderlich zu sein haben, sah eine Tätigkeit in der Karnevalszeit als erhebliche Tatsache an, die auch für das Arbeits­ver­hältnis und die Leistung der Arbeit­nehmerin prägend gewesen sei, immerhin seien die Heraus­for­de­rungen an eine Kellnerin in Köln während des Karnevals andere als an gewöhn­lichen Tagen.

Dem widersprach jedoch der Arbeitgeber: die Arbeit­nehmerin habe ja gar nicht in der Karnevalszeit gearbeitet, sondern am Freitag und Samstag nach Weiber­fastnacht.

Hier sei dann, so das in Sachen Karneval offenbar gut informierte Gericht, zu differen­zieren zwischen der Karnevalszeit und den Karnevalstagen. Letztere seien lediglich die Weiber­fastnacht, der Rosenmontag und der Ascher­mittwoch.
Karnevalszeit dagegen sei die gesamte Hochzeit, in der Karneval gefeiert werde, demnach die Zeit von Weiber­fastnacht bis Ascher­mittwoch.

Das Urteil, das die meisten Kölner mit Zustimmung und der Rest Deutschlands überhaupt nicht zur Kenntnis genommen haben dürften, illustriert anschaulich, wie Rechts­streite über Arbeits­zeugnisse hierzulande geführt werden und stellt so einen weiteren der vielen Tausend Rechtspre­chungs­bau­steine darüber dar, welche Ansprüche Arbeit­nehmer im Rahmen von Arbeits­zeug­nissen besitzen.

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